Während meiner extremen Zwangsphase konnte ich keine Entscheidungen mehr treffen. Das fing schleichend an: beim Shoppen z.B. nehme ich das Oberteil in rot oder schwarz… Kaufe ich dieses oder jene Buch… Bis zum Schluss gar nichts mehr ging und ich wie erstarrt war. Ich hätte ja etwas Falsches entscheiden können und wer weiß, was dann Schlimmes passiert wäre… und das Gedankenkarussell ging los…
Ja, auch bei mir liegt mal wieder eine etwas größere Entscheidung an. Es quält mich noch heute, aber ich weiß, ich muss es tun. Ich muss mich entscheiden. Nur so kann ich danach sagen, ich habe mich bewusst und aktiv für etwas entschieden. Und dann? Dann kann es gut gehen, aber auch nicht. Diese Unsicherheit gilt es auszuhalten.
In meinem aktuellen Fall habe ich Glück und konnte mich mit 2 vertrauenswürdigen, lieben Menschen austauschen. Pro & Contra abwägen. Nochmal ein paar Nächte darüber schlafen. In mich rein spüren. Die Entscheidung habe ich getroffen. Und weißt du was, ich fühle mich so frei und leicht. Ein wunderbares Gefühl…
Wie gehst du mit Entscheidungen um? Fällt es dir auch so schwer, dich zu entscheiden?
Ist dir evtl. aufgefallen, dass ich diese Woche 2 unseriöse Kommentare auf 2 verschiedene Instagram Beiträge von mir erhalten habe?
Die Person, die sich als Mentor*in bezeichnet, hat dort Tipps gepostet, was angeblich bei Zwangsstörungen helfen soll. Was aber Nonsens war. Den Inhalt wiederhole ich hier absichtlich nicht.
Zuerst habe ich überlegt, ob ich nicht doch darauf reagiere. So dass wir ein Negativ-Beispiel haben, wie es nicht sein sollte. Tatsächlich habe ich jetzt aber beide Kommentare wortlos gelöscht.
Warum wiederhole ich den Inhalt der Kommentare hier nicht? Warum habe ich die Kommentare gelöscht? Beides mache ich in der Absicht, solchen Menschen keine Plattform zu bieten.
Und wenn wir schon über Unseriöses sprechen, sei bitte auch immer vorsichtig bei den meisten Coaches, die dir schnelle Heilung versprechen. „Coaching“ ist in Deutschland kein geschützter Begriff. Jede*r kann sich Coach nennen. Auf dem deutschen Coachingmarkt sind viele unseriöse „Coaches“ vertreten. Auch hier nenne ich absichtlich keine Namen, von angeblich auf Zwangsstörung spezialisierte Coaches.
Du weißt, was bei Zwangsstörungen am besten hilft: eine kognitive Verhaltenstherapie, d.h. Expositionen mit Reaktionsmanagement. Und dabei begleiten dich bestenfalls, auf die Erkrankung spezialisierte und erfahrene psychologische Psychotherapeut*innen.
Alles fing damit an, dass ich nach 3 Jahren Corona-Pause einen Termin bei meiner Kosmetikerin vereinbart hatte. Nun ja, es endete mit 3 Laserterminen.
Nichts Dramatisches, aber es waren alles Dinge, die ich gerne entfernen lassen wollte. Du glaubst ja gar nicht, was einem mit Mitte 40 so alles wächst 😉 (wie wird das erst in 20 – 30 Jahren… 😉 ) Diese Dinge mussten auf unterschiedlichen Wegen von meiner Hautärztin mit verschiedenen Lasern und sogar einer Schere entfernt werden.
Das letzte Mal, als ich sowas machen lassen habe, endete es mit Kreislauf und mein Mann musste mich in der Praxis abholen. Ja, ich bin empfindlich. Aber damals spielte auch der Zwang noch mit rein. Offene Wunden waren ein Graus für mich. Es hatte immer 2 Varianten: ich könnte mich mit irgendwas infizieren und damit dann z.B. meinen Mann anstecken. Wer weiß, was in den Praxen so alles kreucht und fleucht 😉
Heute freue ich mich immer noch nicht, wenn solche Termine anstehen. Hauptsächlich habe ich mir jetzt Sorgen gemacht, dass mein Kreislauf nicht mitspielt. Aber ich habe mich selbst überrascht. Tief in den Bauch zu atmen hat mir sehr geholfen. Dass ich vorher der Ärztin und der MFA gesagt habe, dass ich empfindlich bin und auf meinen Kreislauf aufpassen muss. Sie waren sehr lieb zu mir, haben mich abgelenkt und mir die Beine hochgelegt.
Selbst an dem 3. Termin als dann sehr viele Stellen auf einmal im Gesicht und am Hals gelasert wurden, ist mein Kreislauf stabil und ich ruhig geblieben. 1h war in der Praxis. Vorsichtshalber hat mein Mann mich gefahren. Doch ich hätte es auch selbst geschafft. Beim nächsten Mal dann 🙂
Jetzt mit ein bisschen Abstand betrachtet bin ich insgesamt gelassen geblieben. Es kamen keine Zwänge auf. Ich habe nach allen 3 Behandlungen nicht duschen bzw. mich waschen dürfen. Und ich hab mich trotzdem mit einem wohligen Gefühl ist Bett gelegt. (Nochmal zur Erinnerung: das Bett war in meiner Zwangshochphase mein „reines Heiligtum“.)
Träume können sich sehr realistisch anfühlen und uns noch in den Tag begleiten. Das können Alpträume oder verstörende Träume sein, aber auch hoffnungsvolle und mutmachende. Sie helfen uns beim Verarbeiten von Erlebtem.
Oftmals erinnere ich mich an meine Träume. In den letzten Jahren träume ich einen Traum immer mal wieder. Er variiert ein bisschen. Aber im Grunde genommen handelt er davon, dass ich mich in einem Gebäude befinde und sich immer wieder neue Räume oder Türen vor mir öffnen. In diesen Räumen entdecke ich altbekannte oder neue Dinge oder treffe auf Menschen, die ich neu kennenlerne oder mit denen ich auch schon in Kontakt war. Daraus entstehen dann neue Ideen. Ich fühle mich kribbelig, im positiven Sinne aufgeregt und voller Energie für Neues.
Dann werde ich wach, nehme dieses gute Gefühl mit in den Tag und bin kreativ.
Ich interpretiere diesen wiederkehrenden Traum als ständige Entwicklung, die ich erlebe und die mich aufblühen lässt. Recovery. Das fühlt sich insbesondere für mich so, so schön an, weil ich viele Jahre durch die Zwangsstörung auf der Stelle gelaufen bin. Für diese Freiheit und das Gefühl, lebendig zu sein und selbst über mein Leben zu bestimmen, bin ich einfach nur dankbar.
Träume finde ich schon immer faszinierend. Ich sauge Interviews mit Traum-Expert*innen auf und habe auch schon einige Bücher darüber gelesen.
Die Traumforschung ist ein eigener Bereich der Schlafforschung. Träume sind nicht beobachtbar. Durch EEGs gemessene Hirnströme, deuten darauf hin, dass Menschen träumen. Aber es ist nicht nachweisbar – die Träumenden müssen geweckt und befragt werden, ob sie sich an einen Traum erinnern kann.
Erinnerst du dich beim Aufwachen an deine Träume? Und wie fühlst du dich dann?
Mich erreicht immer mal wieder die Frage, ob ich gute Kliniken für die Behandlung von Zwangsstörungen empfehlen kann.
Dann wünsche ich mir immer, dass ich den Frage-Stellenden DIE Antwort geben könnte. Aber die habe ich leider nicht.
Zum einen habe ich selbst keine Klinik-Erfahrung. Meine kognitive Verhaltenstherapie bzw. die Expositionen mit Reaktionsmanagement habe ich eigenständig in Absprache mit meiner damaligen Therapeutin durchgeführt. Die erste Expo fand in ihrer Praxis statt. Die weiteren bei mir zu Hause und an den jeweiligen Orten, die für mich zwangsbehaftet waren und wir haben darüber gesprochen.
Zum anderen ist eine Klinik – meiner Meinung nach – auch immer ein subjektives Thema. Alle Betroffenen haben ein unterschiedliches Wohlfühl-Empfinden. Nur weil sich Person A in der Klinik A gut aufgehoben gefühlt habe, heißt das noch lange nicht, dass Person B in der Klinik A dasselbe empfindet.
Um aber trotzdem eine seriöse Antwort auf die Frage zu geben, empfehle ich einen Anruf bei der DGZ (Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e. V.). Du erreichst sie Montag bis Freitag von 10:00 bis 12:00 Uhr unter 040 689 13 700. Dort erhältst du Kliniken in deiner Nähe, so dass du dir selbst ein Bild machen kannst.
Alternativ kannst du dich in Foren selbstverständlich auch mit anderen Klinik-Erfahrenen austauschen, wie sie ihren Aufenthalt in den jeweiligen Häusern empfunden haben. Aber wie gesagt, diese Erfahrungen sind immer individuell und subjektiv.
Heute teile ich gleich 2 Updates der DGZ (Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V.) mit dir:
Der neue Vorstand ist nun offiziell im Vereinsregister eingetragen. Zur Erinnerung – das sind die Mitglieder:
Frau Antonia Peters, Vorsitzende
Herr Dipl.-Psych. Thomas Hillebrand, Stellvertreter
Frau Dipl.-Psych. Dr. Anne Katrin Külz, Schatzmeisterin
Frau Jessica Teitz, Beisitzerin
v.l.n.r.: Thomas Hillebrand, Antonia Peters, Anne Katrin Külz, Jessica Teitz Das Foto wurde nach der Vorstandswahl am 23. September 2022 aufgenommen.
Somit besteht er aus 2 psychologischen Psychotherapeut*innen und 2 Betroffenen und ist harmonisch aufgeteilt. Eine detailliertere Vorstellung ist bereits in Planung.
Die DGZ hat nun auch einen eigenen Instagram Account. Er ist mit der bereits bestehenden Facebook-Seite verknüpft, so dass nun auf beiden Plattformen neue Beiträge zeitgleich und identisch veröffentlicht werden können.
Wir werden dort u.a. über geplante Veranstaltungen informieren, unsere Pressemitteilungen mit dir teilen und aktuelle Themen aufgreifen. Die Betreuung des Accounts läuft primär über mich.
Falls du Themenwünsche, Ideen, Fragen etc. hast, schick mir gerne eine Nachricht via Instagram. Wir freuen uns auf darauf!
Das war für mich in meiner schlimmen Zwangsphase undenkbar. Alkohol zu trinken, hätte dazu führen können, dass ich die Kontrolle verliere. Ich hätte etwas Falsches sagen oder tun können. Evtl. hätte es sogar zu einem Blackout kommen können und ich könnte mich daran noch nicht mal mehr erinnern.
Die Angst am Tag nach der Party, unvorstellbar groß. Die Gedanken kreisen, was habe ich getan, was habe ich gesagt…
Dass ich mich damit anstecken könnte und dann meinen Partner, Familie und Freund*innen auch damit anstecken könnte.
Und zwar nicht im Sinne von, dass ich wirklich ungeschützten Sex gehabt hätte. Sondern ich dachte es von so vielen kleinen unmöglichen Dingen: ein benutztes Pflaster auf der Strasse, die Mitarbeitenden an der Supermarktkasse hatten ein Pflaster am Finger und meine Waren angefasst, das Wartezimmer bei meinem Hausarzt. Ich habe vermeintliche rot Flecken auf dem Boden oder in öffentlichen Toiletten gesehen und dachte, es könnte Blut sein. … ich könnte unendliche weitere Beispiele aufzählen. Der Zwang ist dann sehr kreativ.
Und dann ging es los: die Schuhe durften nicht mit in die Wohnung, ich habe super oft meine Hände gewaschen, konnte nicht, ohne zu duschen in mein „reines“ Bett. Das Bett war immer mein sicherer Platz.
Wenn ich darüber jetzt schreibe, zieht sich mein Magen noch zusammen, wenn ich daran denke, wie ich mich damals gefühlt habe. Dieses sich nicht frei bewegen zu können, sich nicht fallen lassen können, immer kontrolliert verhalten. Ich war immer angespannt und unter Dauerstress.
Ich vermiede sogar Filme, Serien oder Musik. Unvorstellbar Songs von Queen zu hören, die hat ja Freddie Mercury gesungen und der ist sogar an AIDS gestorben. Oder ich musste auch immer sofort den Film Philadelphia (in welchem Tom Hanks einen HIV-positiven Mann spielt) oder sogar den Soundtrack dazu umschalten, damit ich nicht sofort getriggert wurde.
Dieses Jahr habe ich Bohemian Rhapsody, ein biografisches Filmdrama, das die Geschichte Freddie Mercurys behandelt, geschaut. An Silvester lief eine Dokumentation über Freddie Mercury, die habe ich mir auch angeseheh. Und zum ersten Mal ist mir bewusst geworden, was für eine erfolgreiche Band Queen war und was sie alles erreicht haben. Und Freddie hat mir unglaublich leidgetan, als die britische Presse ihn gejagt hat, um herauszufinden, welche Krankheit er hatte. Er wollte es aber damals geheim halten.
Damit möchte ich sagen, dass die meine damalige Angst von HIV, keine Rolle mehr beim Schauen spielte. Mir sind alle anderen Gefühle etc. darum herum klar geworden. Was für ein unglaublicher Fortschritt das für mich ist. Und dass dieser Fortschritt möglich ist!
Mit dem Untertitel „Eine Einführung für Pflege-, Gesundheits- und Sozialberufe“ ist es Irena gelungen, kurz und gut strukturiert die wichtigsten Themen rund um Zwangsstörungen aufzuzeigen. Super anschaulich erklärt sie basierend auf Studien mit Schaubildern und Beispielen. Die Zusammenfassungen der einzelnen Themen sind auf den Punkt gebracht und helfen nicht nur dem Pflegepersonal, sondern auch Angehörigen sowie uns Betroffenen beim Verstehen der eigenen Erkrankung und Zuordnung.
Das Buch beginnt mit einem Geleitwort von Peter Wittkamp, selbst Betroffener und Autor des Buchs „Für mich soll es Neurosen regnen“. Gefolgt von einem Zitat von mir sowie den o.g. Informationen und Übungen inkl. Adressen, die Hilfe anbieten. Mit einem Abschiedsbrief einer Betroffenen hat Irena ein hoffnungsvolles Ende erschaffen. Denn, auch wenn die Zwangsstörung eine chronische Erkrankung ist, gibt es mithilfe der richtigen therapeutischen Unterstützung einen Weg ein schönes Leben mit Zwangsstörung zu leben.
Besonders gut hat mir das folgende Beispiel gefallen, was Betroffenen gesagt werden kann, anstatt mit Logik zu argumentieren (wir wissen selbst, dass unsere Zwangshandlungen und Gedanken nicht logisch sind bzw. Sinn ergeben, trotzdem tun oder denken wir es). Anstatt zu sagen „Du siehst doch, dass der Herd aus ist.“ empfiehlt Irena:
„Es ist bestimmt sehr belastend, sich gedrängt zu fühlen, etwas zu tun, was man selbst als sinnlos und übertrieben betrachtet.“
ICD ist die Abkürzung für die „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat diese internationale Klassifikation aller bekannten Krankheiten und Gesundheitsprobleme herausgegeben. Mit einer weltweit einheitlichen Systematik soll die ICD die statistische Erforschung von Erkrankungswahrscheinlichkeit und Sterberisiko jeder einzelnen Krankheit ermöglichen.
Im Juni 2018 hat die WHO die 11. Revision der ICD-11 vorgestellt, am 01.01.2022 ist sie in Kraft getreten und seitdem grundsätzlich einsetzbar.
In der ICD-11 werden Zwangsstörungen unter der Codierung ICD-11 6B20 geführt. Im Gegensatz zur ICD-10 erfolgt in der ICD-11 die folgende Unterteilung:
Zwangsstörungen mit guter oder mäßiger Einsicht (ICD-11 6B20.0)
Zwangsstörungen mit wenig oder fehlender Einsicht (ICD-11 6B20.1)
und als neue Zwangsspektrumsstörungs-Bilder im Unterschied zum DSM‑5:
geruchsbezogener Zwang/ olfaktorischer Zwang
Hypochondrie
Tourette-Syndrom
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