Offener Umgang im Berufsleben

Offener Umgang im Berufsleben

Offener Umgang im Berufsleben – die Anstrengung, unsere Zwangsstörungen – hauptsächlich im Job – zu verheimlichen, ist on top zu unseren Zwängen einfach zu viel.

Ich denke heute nach vielen Jahren symptomfrei noch oft daran, wieviel leichter mein Leben, als meine Zwangsstörungen noch akut waren, hätte sein können. Ich hätte z.B. meine Kolleg*innen ins Vertrauen ziehen können und sie um Unterstützung bitten können. Meine Führungskraft hätte ich informieren können, einfach damit ich mich nicht noch zusätzlich anstrengen muss, die Zwänge geheim zu halten. So viel Kraft flossen jeden Tag in die Zwangshandlungen, – gedanken und -rituale. Unvorstellbar, wenn man so etwas nicht selbst einmal erlebt hat.

Nachdem ich diese Woche an alle 3 Livesessions von shitshow mitverfolgt habe, muss ich aber leider für mich immer noch folgendes Fazit ziehen: wir müssen bedacht damit umgehen, mit wem wir über unsere Zwangserkrankung sprechen. Es kommt leider immer noch vor, dass Führungskräfte nicht richtig damit umgehen können und die Arbeitgeber*innen sitzen am längeren Hebel. Gerade in alteingesessenen konservativen Firmen, ist leider noch nicht genug Aufklärungsarbeit geleistet worden bzw. in den Köpfen der meisten Führungskräfte noch nicht die aktuelle Situation angekommen. In Startups oder anderen innovativen Unternehmen hingegen schon. Und dann ist es wiederum immer noch von der Führungskraft abhängig, d.h. wie sie zu psychischen Erkrankungen steht und wie gut sie sich damit auskennt und umgehen kann.

Bevor ich meinen Blog gestartet habe, war mein größter Struggle, ob ich diesen anonym schreibe oder nicht. Mein Bauch und mein Herz schreien auch heute noch, dass ich mich zeigen möchte, um noch authentischer zu sein. Noch mehr von mir und meinem jetzigen Leben erzählen zu können, doch ganz ehrlich, mein Verstand sagt mir leider immer noch „Vorsicht“. Ich glaube, mein jetziger Arbeitergeber könnte gut mit dem Thema umgehen, doch lasst uns mal weiter überlegen. Was, wenn ich den Job mal wechseln muss, was wenn ich einen neuen potentiellen Job nicht bekomme, nur aufgrund meiner Vergangenheit. Und dann ist die Frage, möchte ich überhaupt in so einem Unternehmen arbeiten, dass mich deshalb „aussortiert“. Für mich persönlich ist es eine absolute Stärke, die Zwänge überwunden zu haben. Und auch einen Blog darüber zu schreiben, um anderen zu helfen und Mut zu machen. So viele offene Fragen…

Wie geht ihr damit um? Denkt ihr, ich bin zu vorsichtig? Sprecht ihr eure psychischen Erkrankungen schon im Lebenslauf oder im Bewerbungsgespräch an? Oder erst nach der Probezeit? Offener Umgang im Berufsleben – wann ist der richtige Zeitpunkt? Und gibt es diesen überhaupt? Kennt ihr Vorbilder, die schon länger in Angestelltenverhältnissen sind und dort auch offen damit umgehen? Ich wäre euch für euren Rat und Tipps wirklich super dankbar.


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