Angehörige & Co-Abhängigkeit

Angehörige & Co-Abhängigkeit

Angehörige & Co-Abhängigkeit – ein wirklich wichtiges Thema, über das ich gar nicht oft genug schreiben kann. Als Zwangserkrankte brauchte ich viel Rückbestätigung bzw. musste viel von meiner vermeintlichen Verantwortung auf meinen Freund abgeben, damit ich mich besser gefühlt habe oder einfach Zeit gespart habe.

Ganz zu Beginn wusste ich es einfach nicht besser und habe natürlich auf diesem Weg einfach Hilfe von ihm gesucht.

Doch mit Beginn meiner Verhaltenstherapie habe ich gelernt, dass ich meinen damaligen Freund/ jetzigen Mann NICHT in meine Zwangshandlungen und – Gedanken mit einbeziehen darf. Sogar das Gegenteil war der Fall: ich musste meinem Mann sagen, dass er mir NICHT helfen durfte, wenn ich darum bitten würde. Er musste dann wie folgt reagieren: „Auf diese Frage darf ich jetzt nicht antworten.“ Er durfte aber natürlich helfen, mich abzulenken etc.

Warum durfte er nicht helfen. Die Hilfe wäre nur für den kurzen Moment. Langfristig gesehen, hätte ich aber nicht gelernt, mich mit meiner Angst auseinander zu setzen sowie mein Selbstbewusstsein wiederaufzubauen und der Zwang hätte sich verstärkt.

Für Angehörige ist es sehr fordernd und anstrengend, mit Betroffenen zusammen zu leben. Je nach Zwang müssen sie sich auch häufig z.B. die Hände waschen oder dürfen bestimmte Bereiche nicht mehr betreten. Nicht zu vergessen, dass die Zwangserkrankten nicht bei ihren Ritualen unterbrochen werden dürfen, da sie dann wieder von vorne beginnen müssen. Es wird ziemlich viel Geduld von ihnen abverlangt.

Angehörige & Co-Abhängigkeit – was können Angehörige nun also unternehmen? Die Deutsche Gesellschaft für Zwänge e.V. hat auf ihrer Homepage folgendes dazu veröffentlicht.

„Grundsätzliche Verhaltensempfehlungen sind natürlich nur ganz begrenzt möglich – da jede Familie anders ist. Als eine erste Orientierungshilfe können aber die untenstehenden Anregungen dienen.

1.) Geben Sie die Illusion auf, der Betroffene könne mit „Willenskraft“ oder „Disziplin“ seine Zwänge überwinden. Appelle wie „nun reiß Dich mal zusammen“ bringen ebenso wenig wie die Diskussion über Sinn und Notwendigkeit der Zwänge. Das löst bei den Zwangserkrankten, der sehr unter seiner Krankheit leidet, nur Schuldgefühle aus.

2.) Informieren Sie sich eingehend über die Erkrankung – zum Beispiel hier im Internet oder auch direkt bei der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen. Fragen Sie nach, ob es in ihrer Nähe Selbsthilfegruppen für Angehörige gibt. Je mehr sie über die Zwangserkrankung wissen, um so gezielter können sie den Betroffenen unterstützen.

3.) Versuchen Sie dem Betroffenen immer wieder deutlich zu machen, dass Sie seine Zwangssymptome – und nicht ihn oder sie als Person – zurückweisen.

4.) Zwänge entstehen nicht dadurch, dass jemand etwas falsch gemacht hat. Geben Sie deshalb möglichst weder sich – noch dem Betroffenen – die Schuld an der Störung.

5.) Bringen Sie den Betroffenen dazu, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie selber können die Rolle des Therapeuten nicht übernehmen.

6.) Versuchen Sie, Grenzen zu setzen und nicht ihren kompletten Alltag von den Zwängen bestimmen zu lassen. Treffen Sie auch weiterhin Freunde und vernachlässigen Sie Ihre Hobbys nicht.

7.) Unterstützen Sie den Betroffenen möglichst nicht bei seinen Zwangsritualen – auf lange Sicht verstärken und stabilisieren Sie dadurch das Zwangsverhalten.

8.) Loben Sie den Betroffenen für Fortschritte – und kritisieren Sie ihn nicht für „Rückfälle“. Änderungen in der Stärke der Symptome – zum Beispiel eine entsprechende Zunahme unter Stress – sind vollkommen normal. Lob und Anerkennung sind wichtig, damit sich ein symptomfreies Verhalten verfestigen immer weiter durchsetzen kann.

9.) Lassen Sie die Erkrankung nicht zum Haupt-Familienthema werden! Planen Sie gemeinsame Aktivitäten, mit denen sich der Betroffene nicht überfordert fühlt.

10.) Es ist vollkommen normal, dass Sie ab und zu ärgerlich oder auch wütend sind.  Wichtig ist allerdings, wie Sie damit umgehen. Es ist besser, den Ärger zuzugeben als den anderen abzuwerten. Nimmt der Ärger jedoch Überhand, sollten Sie sich eventuell selber therapeutische Hilfe holen.

11.) Versuchen Sie, klare Absprachen zu treffen. Sagen Sie deutlich, was Sie können und wollen und was nicht.“

Meinem Mann kann ich nicht oft genug dafür danken, dass er immer zu mir gestanden und mich unterstützt hat. Ohne ihn hätte ich das alles nicht geschafft. Mein Schatz, ich liebe dich und bin dir für alles unendlich dankbar!


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