Mutmachleute – mein Beitrag

Mutmachleute

Auf Instagram bin auf das Mutmachleute Profil aufmerksam geworden und war sofort begeistert. Da will ich auch dabei sein, dachte ich mir. Und habe es umgesetzt. Das Ergebnis meines Beitrags findet ihr im Folgenden oder klickt gerne hier :

Zwangsstörung: Ihr könnt es schaffen, eure Zwänge zu überwinden und ein schönes Leben zu leben. Ich habe es auch geschafft.

Betroffene: Jess (she/her)

Jahrgang: 1979

Diagnose: Zwangsstörung

Therapien: Analytische Psychotherapie und kognitive Verhaltenstherapie

Ressourcen: unsere Hunde, Yoga, Meditation, Achtsamkeit, Humor!

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Mit Mitte 20 von meinem Hausarzt

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich schäme mich nicht mehr für meine KRANKHEIT und möchte keine Kraft mehr fürs Verheimlichen verschwenden. Außerdem hilft es in vielen (auch beruflichen) Situationen, dass mein Gegenüber mich besser verstehen kann.

Die Zeit des Versteckens ist vorbei! Nun heißt es Gesicht zeigen und anderen Betroffenen damit Mut machen, dass es ein schönes Leben mit Zwangsstörungen gibt. Und ganz wichtig: um die Krankheit zu entstigmatisieren.

Mein Traum wäre es, dass alle, die an Zwangsstörungen erkrankt sind, sich in der Zukunft nicht mehr verstecken und sich dafür schämen müssen. Es ist eine Krankheit, die wir uns nicht ausgesucht haben.

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

  • Verständnisvoll und unterstützend
  • Uns nicht zu beobachten, wenn wir z.B. Zwangshandlungen ausführen.
  • Unser Tempo zu akzeptieren. Wir sind bei bestimmten Dingen, auf die unser Zwang einwirkt langsamer oder benötigen mehr Zeit für z.B. Zwangshandlungen. Da kommt es leider auch mal vor, dass wir uns bei Verabredungen verspäten etc.
  • Und was noch wichtiger ist: nie auf unsere Rückversicherungswünsche eingehen. Das muss ich ein wenig erklären: unsere Zwänge und die damit verbunden Zwangshandlungen und -gedanken, verschaffen uns einen kurzen Moment der Sicherheit. Doch je mehr Raum wir dem Zwang geben, desto mehr Macht gewinnt er über uns. D.h. ein großer Teil unserer Therapie ist es, sich einem Zwang auszusetzen, und die aufkommende Angst und den Ekel auszuhalten, um diese zu überwinden.

Ich habe dazu dieses Bild erstellt:

Zwangsstörungskreislauf Mutmachleute

Allerdings neigen wir dazu unsere Liebsten, in unsere Zwänge mit einzubeziehen, in dem wir sie z.B. fragen, ob der Herd aus ist (denn sonst müssten wir mehrfach kontrollieren bzw. die Angst aushalten) und holen uns über sie unsere Rückversicherung.

Teil meiner Verhaltenstherapie war es, dass ich meinem Partner sagen musste, dass er mir nicht auf so eine Frage antworten darf. Er durfte mich aber gerne unterstützen, indem er mich z.B. mit etwas anderem ablenkt. Mein Mann und ich haben ganz viel mit Humor gearbeitet. Das hat mir so gut geholfen.

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

  • Zu merken, dass ich die Macht über sie habe und sie somit (fast) immer steuern zu können.
  • Humor
  • Achtsamkeit

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

  • Den Zwängen keinen Raum geben, d.h. den Zwang auszuhalten
  • Kein Vermeiden von mir unangenehmen Situation
  • Mit meinen Hunden kuscheln
  • Pausen einbauen
  • Genug schlafen
  • Reflektieren, warum genau jetzt der Zwang da ist und auf was er mich hinweisen möchte
  • Humor (Überraschung 😊 )

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

  • Mit der richtigen Therapie, d.h. einer Verhaltenstherapie, und in schlimmen Fällen zusätzlich Einnahme von Antidepressiva, könnt ihr es schaffen, eure Ängste zu überwinden. Ich habe es auch geschafft!
  • Bitte schämt euch nicht für eure Zwangsstörung. Es ist eine Krankheit wie jede andere auch. Sie zu verstecken raubt die allerletzten Reserven, die wir noch haben.

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

  • Nehmt euch Auszeiten von uns und geht z.B. einem Hobby nach, dass euch gut tut. Ihr müsst eine ganze Menge mit uns mitmachen und wir wissen das. Vielleicht hilft euch auch, euch in einer Angehörigengruppe auszutauschen. Aber da ist jeder Mensch anders.
  • Unterstützt uns, indem ihr uns in schlechten Phasen ablenkt, aber helft uns nicht, in dem ihr z.B. unsere Zwangshandlungen für uns durchführt. Denn dann wird unser Zwang mächtiger und wir wollen ihm ja nicht noch mehr Raum in unserem Leben geben.

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

  • Ich bin empathisch, freundlich, wissbegierig und liebe es zu lachen.
  • Da ich weiß wie es sich anfühlt, wenn man nicht freundlich behandelt wird.
  • Außerdem versuche ich, allen Menschen freundlich zu begegnen. Da ich nie wissen kann, wie es der Person gegenüber geht und mit was sie gerade struggelt.
  • Humor hilft mir in allen Situationen.

Meinen Blog habe ich Freiheit und Vertrauen genannt, da Freiheit für mich das Gegenteil von Zwang bedeutet und Vertrauen das Gegenteil von Kontrolle. Ich möchte gerne positiv mit meiner Zwangsstörung umgehen und darüber berichten.

Jess ist außerdem bei Instagram.

Herzlichen Dank Mutmachleute, dass ich Teil eurer großartigen Arbeit sein darf.

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