Selbstwirksamkeit – was ist das überhaupt?
Wenn du das Wort „Selbstwirksamkeit“ im Duden suchst, wirst du es nicht finden. Hab’s ausprobiert. Als nächstes habe ich „Selbstwirksamkeit Definition“ in die Suchmaschine eingegeben. Der erste Treffer ist von Psychomeda und besagt: „Unter Selbstwirksamkeit (self-efficacy beliefs) versteht die kognitive Psychologie die Überzeugung einer Person, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Geprägt wurde der Begriff von dem amerikanischen Psychologen Albert Bandura.“
Meine Erfahrungen zu Selbstwirksamkeit in Bezug auf die Zwangsstörung
Diese Definition stimmt mit meinem Gefühl und meinen Erfahrungen überein.
Vor meiner kognitiven Verhaltenstherapie mit Expositionen mit Reaktionsmanagement, war davon noch nicht viel in mir vorhanden. Im Gegenteil, ich habe ja alles angezweifelt. Viel Selbstvertrauen in mich und meine Handlungen war zu diesem Zeitpunkt leider auch nicht da. Eher ein Ohnmachtsgefühl so nach dem Motto „was kann ich schon bewirken?“
Doch nach den ersten Expositionen und den damit verbundenen Erfolgen, hat sich dieses Gefühl verändert. Wenn ich Zwangshandlung a unterlasse, es aushalte und merke, es passiert nichts. Dann fühlte ich mich auf einmal besser. Gestärkt. Und je mehr Expositionen ich durchgeführt habe und die Zwänge immer mehr nachließen, entwickelte ich ein Gefühl von „ja, ich hab‘s geschafft!“ Ich fühlte mich stolz. Und mit jeder weiteren Exposition, mit der ich meinen nächsten Zwang von der Liste (du erinnerst dich, es waren 100) abgearbeitet habe, wuchs mein Selbstvertrauen.
Irgendwann hat es mir dann sogar richtig Spaß gemacht, mich einer Situation zu stellen, die früher zwangsbehaftet war. Ich hätte platzen können vor Stolz.
Damit habe ich nach Banduras 1. Weg, meine Selbstwirksamkeit aufgebaut, ohne dass ich mir zu diesem Zeitpunkt dessen bewusst war.
Nach Bandura können Selbstwirksamkeits-Überzeugungen auf 4 Wegen vermittelt werden:
- Durch Erfolgserlebnisse: Erfolgserlebnisse führen auf natürliche Weise zu einer Stärkung von Selbstwirksamkeit. Auf der anderen Seite führen wiederholte Misserfolge – vor allem wenn die Ursachen dafür der eigenen Person zugeschrieben werden – zu einer Schwächung von Selbstwirksamkeit.
- Beobachten von erfolgreichen Modellpersonen: Wird der Erfolg anderer Personen beobachtet, die einem selbst wichtig oder ähnlich sind, so stärk das ebenfalls die Selbstwirksamkeit. Weiter verstärkt werden kann dieser Effekt noch dadurch, dass die Modellpersonen öffentlich belohnt werden.
- Einfluss sozialer Gruppen: Soziale Gruppen haben oft einen negativen Einfluss auf die Selbstwirksamkeit. Hört man immer wieder von anderen Menschen, dass man ein Versager ist, werden Selbstwirksamkeits-Überzeugungen nachhaltig geschwächt.
- Interpretation von Emotionen und Empfindungen: Gerade unter Druck nehmen viele Menschen körperliche Empfindungen (feuchte Hände, Zittern, Herzrasen) als Zeichen für ein mögliches Scheitern wahr. Durch Übungen können Menschen lernen, diese Empfindungen neu zu interpretieren, z.B. als Zeichen freudiger Erregung.
Gehen wir auf Banduras 4 Wegen weiter, sind wir bei dem 2. Als ich meinen Blog gestartet habe und darüber berichtet habe, habe ich also indirekt anderen Betroffenen als Vorbild-Funktion geholfen. War ich doch früher, als ich noch mitten in der schlimmen Zwangsphase steckte, immer auf der Suche nach anderen Betroffenen. Und habe mir ein positives Beispiel gewünscht und Austausch gewünscht.
Womit wir beim 3. Weg sind. Allerdings mag ich Banduras negative Formulierung nicht. Ich würde ihn dahingehend umformulieren, dass wir von anderen Gruppen, z.B. Mental Health Aktivist*innen oder in einer Selbsthilfegruppe gestärkt werden können.
Und der 4. Weg erinnert mich an die Expos. Wir können durch Übungen Empfindungen neu interpretieren bzw. lernen, wie wir alte Pfade in unseren Gehirnen umprogrammieren.
Wie stehst du zu Selbstwirksamkeit? Konntest du sie bereits aufbauen, befindest du dich noch mitten drin oder eher am Anfang. Schreib mir dein Feedback gerne in die Kommentare.
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