Die amerikanische Psychologin June Price Tangney erklärt „Schuld korreliert mit einer Handlung, Scham betrifft das gesamte Ich. Darauf folgt ein Gefühl von Ohnmacht, fehlendem Selbstwert, einem „Sich-klein-fühlen“.“
Kurz zusammengefasst bedeutet
Schuld: ich habe etwas Falsches getan
Scham: ich bin falsch
Oder nochmal in anderen Worten: Schuld bezieht sich auf ein konkretes Fehlverhalten, Scham auf das gesamte Selbst.
Seitdem ich das weiß, finde ich es ganz einleuchtend. In meinem Entwicklungsprozess hat mir dieses Wissen sehr geholfen. Denn so konnte ich mich damit auseinandersetzen, reflektieren und weiter wachsen.
Ich würde mich freuen, wenn es euch auch helfen würde.
Gleich eins vorweg – diese Lady ist umwerfend! Ich bin über eine liebe Freundin auf sie aufmerksam geworden und habe mir zuerst ihren TED talk „Auf die Scham hören“ aus dem Jahr 2012 angeschaut. Wie gefühl- und humorvoll sie uns das Schämen näher bringt, hat mich fasziniert und gleichzeitig sofort abgeholt.
Brené ist Forscherin und hat viele Jahre Verletzlichkeit und Scham untersucht. Sie kommt zu dem Entschluss, dass sich Scham für Männer und Frauen gleich anfühlt, aber nach Geschlecht organisiert ist. D.h. in Kürze, dass Frauen alles perfekt machen und dabei perfekt aussehen wollen und Männer keine Schwäche zeigen dürfen.
Für Brené ist Scham eine Epidemie in unserer Kultur. Um ihr zu entkommen und den Weg zurück zueinander zu finden, müssen wir verstehen, wie sie uns befällt und wie sie die Art beeinflusst wie wir sind. Wenn wir wieder den Weg zueinander finden wollen, müssen wir Empathie verstehen und begreifen, weil Einfühlungsvermögen das Gegengift zu Scham ist. Heimlichkeit, Schweigen und Verurteilen lassen die Scham wachsen, durch Empathie kann die Scham nicht überleben. Sie ist überzeugt davon, dass die 2 mächtigsten Worte, wenn wir kämpfen „ich auch“ sind. Verletzlichkeit ist der Pfad zurück zueinander.
Scham ist eins der ganz großen Gefühle, die mit einer Zwangsstörung einhergehen. Leider! Denn niemand möchte, dass das Umfeld sie oder ihn für „verrückt“ hält, oder?! 😉
Im Büro habe ich mich früher am meisten geschämt, dass ich für verrückt gehalten werden oder nicht für „voll genommen“ werden könnte. Vor allem, wenn ich mal wieder kontrolliert habe, ob mein Schrank abgeschlossen ist und mein Laptop auch wirklich ausgeschaltet ist usw. Zum einen brauchte ich ja meine Kontrollhandlungen, um beruhigt nach Hause gehen zu können, auf der anderen Seite, wollte ich dabei nicht „erwischt“ werden und dann ging das Spiel wieder von vorne los – ist der Schrank abgeschlossen, ist der Laptop ausgeschaltet….
Bei diesen Ritualen unterbrochen zu werden, führte bei mir manchmal sogar zu einer Endlosschleife. Einer meiner hartnäckigsten Zwänge, war das Kontrollieren, ob der Herd auch wirklich aus ist (nicht, dass ich viel damit gekocht oder gebacken hätte). Es hätte ja sein können, dass er nicht ausgeschaltet ist und die Wohnung bzw. das komplette Haus mit allen Anwesenden in Flammen aufgehen könnte und ich daran schuld wäre. Wenn dann mein Freund an mir vorbei gehen wollte oder einfach nur durch den Flur gelaufen ist, musste ich von vorne anfangen (Knopf 1 ist aus, auf den Oberschenkel mit der Hand klatschen, Knopf 2 ist aus, auf den Oberschenkel mit der Hand klatschen…) und dann kamen noch die Gedanken dazu, „sch…, jetzt hat er mich dabei gesehen. Er soll mich so doch nicht erleben, ich möchte ihm das ersparen und dabei schon gar nicht beobachtet werden. Also ist mein lieber verständnisvoller mittlerweile Ehe-Mann einfach schon mal vor zum Auto gegangen, bevor ich überhaupt angefangen habe, zu kontrollieren. Leider habe ich ihn auch oft co-abhängig gemacht und vor ihm die Wohnung verlassen. So musste ich nicht die Verantwortung des vermeintlichen Unglücks tragen.
Zurück zu Brené Brown: als nächstes habe ich ihr Buch „Die Gaben der Unvollkommenheit“ gelesen. In diesem baut sie ihre These aus, dass unsere Unvollkommenheit uns mit anderen Menschen verbindet und kreiert für viele Leser*innen ein neues Mantra: „Ganz egal, was ich heute schaffe, und was unerledigt bleibt: Ich bin nicht perfekt, aber vollständig: vollständig genug.“
Ich hatte so viele aha-Momente und dachte immerzu „ja, ich möchte auch offen mit Scham umgehen“, „ja, ich möchte auch offen über meine Zwänge sprechen und mich nicht mehr verstecken“. Doch leider war ich zu dieser Zeit noch einem längerfristigen Angestelltenverhältnis und dort konnte ich nicht bzw. nicht einfach mittendrin davon berichten. Jetzt bin ich in einem anderen Unternehmen – auch in einem längerfristigen Angestelltenverhältnis – aber ich bin mir sicher, dass mir dort mehr Offenheit und Verständnis entgegengebracht wird als in dem vorherigen. Also hieß es damals weiter vertuschen oder auf gewisse Themen einfach nicht eingehen. Brené hat mir jedoch einen weiteren Schritt in Richtung Freiheit und diesem Blog verholfen und war somit definitiv Teil des Prozesses hin zu meiner Mission „Entstigmatisierung von Zwangsstörungen“. Deshalb wollte ich euch gleich in einem meiner ersten Posts von ihr und ihrem wertvollen Beitrag berichten.
Habt ihr auch schon Bücher von Brené gelesen und wenn ja , welche und welche gefallen euch ganz besonders gut? Ich freue mich auf eure Kommentare und Nachrichten.
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